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Ein Besuch in Köln

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Ein Besuch in Köln

Ein vollbesetzter Bus mit 49 Senioren an Bord fuhr am Samstag, dem 11. Mai nach Köln. Nun, ein Samstag und kein traditioneller Dienstag für eine Seniorenbesichtigung war schon gewöhnungsbedürftig. Auch das Wetter war zunächst falsch. Unser erstes Ziel waren die Produktionsstätten des WDR in Köln-Bocklemünd. Und um den Betrieb dort nicht zu stören, ist nur der Samstag geeignet, wenn die über 500 Beschäftigten ihr verdientes Wochenende genießen.

Nach kurzer Wartezeit kam Herr Zaddach als Stadtführer in den Bus und klärte uns über den weiteren Verlauf des Tages auf. Zunächst standen die Produktionsstätten des WDR in Bocklemünd auf dem Programm. Die Hälfte der Gruppe wurde von einem Studenten übernommen, so dass wir alle sehr gut akustisch dabei waren und viele Information aus erster Hand bekamen. Zunächst liefen wir an den flachen weißen Gebäuden vom ARD-ZDF Beitragsservice vorbei, denn diese Dienststelle für den Einzug und die Verwaltung unserer Gebühren hat ebenfalls hier ihren Sitz.

Dann aber ging es auf die große Halle mit der Bezeichnung »Produktionsstudios BS 1/2« zu. Nach kurzem Weg durch das helle Foyer und die Kulisse betraten wir unvermittelt ein Rund von schwarzen Stuhlreihen, die Decke gespickt mit zahllosen Scheinwerfern, in der Mitte ein Oval mit drei Pulten, die Wände wie in einer prall gefüllten Bibliothek: wir standen in der Produktionsstätte von »Quiz des Menschen« mit Dr. Eckart von Hirschhausen. Erstaunlicherweise nur 6 bis 7 Stuhlreihen, im Fernsehen sieht das immer mehr aus. Der Trick wurde uns sofort verraten: die hinteren Stuhlreihen werden schwächer beleuchtet, das erzeugt Tiefe im Raum. Ja und die Bibliothek ringsum entpuppte sich als dicke Kunststofffolie mit Fotos von Bücherregalen. Zahlreiche Kameras mit 25-fachem Zoom HD-Qualität (Kostenpunkt: je ca. 350.000 €) standen einsatzbereit auf dem imitierten Parkettboden. Eine hell leuchtende Wand bestand aus Tausenden von Leuchtdioden für die Wiedergabe von Filmeinspielungen. Wir waren beeindruckt.

Ein kurzer Gang durch den Eingangsbereich und schon lächelte uns Bettina Böttinger von einem Plakat an und wies uns den Weg zum Produktionsstudio BS2. Hier wird unter ihrer Moderation der »Kölner Treff« produziert. Am Vorabend war gerade die 499. Sendung gelaufen. Die karge Beleuchtung tauchte den Raum in ungewohnte nüchterne Atmosphäre, es fehlte das warme Licht bei einer Übertragung und die Hintergrundbeleuchtung der Kulissen. In der Mitte die kleine Talkbühne. Die Wände geben eine Industriekulisse vor, alles aus Pappmaché, es war aber noch nicht aufgeräumt, die kleinen runden Tische durcheinander und nicht gereinigt, daneben die Kaffeehausstühle. Aber wir bekamen kleine Einblicke in den Sendeablauf aufgrund der ausliegenden Regieanweisungen. Auch der Sitzplan für die Talkgäste (u.a. Peer Steinbrück, Florian Schröder, Axel Milberg) mit ihren Vorlieben für die gereichten Getränke war noch vorhanden. Kleine Notizzettel mit Fragen an die Gäste. Hier erkennt man: Nichts bleibt dem Zufall überlassen.

Abschließend warfen wir noch einen kleinen Blick in das Studio, in welcher die Sendung: »Tiere suchen ein Zuhause« entsteht. Weiße Pfotenabdrücke (Trittsiegel) eines Hundes weisen uns den Weg durch die Vorzelte zur Beruhigung der Tiere und für die Wartezeit. Das Studio ist gemütlich eingerichtet, Wohnzimmeratmosphäre, Strohballen liegen aufgeschichtet in einer Ecke. Die Beleuchtung ist auf Tiere abgestimmt und daher gedämpft. Tierfotos an den Wänden weisen auf den Inhalt der Sendung trotz aller vorhandener Technik, welche auch hier nicht fehlen darf.

Im zweiten Teil der Führung konnten wir zunächst einen Blick in die kleineren Werkstätten für Malerei und Schreinerei werfen. Hier sind die Materialien Gips, Kunststoff, Styropor und Holz tonangebend. Zahlreiche Arbeiten zeugen von der täuschend echten Wirkung, welche die Stücke ausstrahlen und man wagt es kaum, seine Hand in den weißen Hai zu stecken, so grauenvoll und furchteinflößend wirkt das weit aufgerissene Maul. Vorbei geht es an den Dekorationen für die »Sendung mit der Maus« zu den größeren Hallen mit fertigen Kulissen. Auch eine Kiste »Entscheidung NRW Europawahl, 26. Mai 2019 für Studio D1/ Düsseldorf« steht bereit. Man ist fast geneigt unter den Aufkleber zuschauen, ob bereits die Ergebnisse notiert sind. Das große Schild »Ladies Night« wird von unseren Frauen fachmännisch begutachtet.

Und dann stehen wir unvermittelt in einer Straßenkulisse, welche seit über 30 Jahren das Land spaltet: »Die Lindenstraße«. Seit dieser Zeit unterhalten Mutter Beimer, Dr. Dressler und Co. die Zuschauer oder andere wenden sich ab. Kurioserweise spielt die Fernsehserie in München, gedreht wird aber in der ca. 150 m langen Fassadenattrappe in Bocklemünd. Da stehen sie groß vor uns: das Café Bayer, das Restaurant Akropolis, das Kino Astor oder die Bushaltestelle am Haus der Arztpraxis von Iris. Ein Blick in das Kaufhaus Naro zeigt verblüffend ein langes Ladenlokal, aber die Tiefe beträgt gerade nur 2 m, der Rest ist Fototapete. Ein wahrer Blick hinter die Kulissen offenbart: kein Leben hinter den Fenstern. Interessante Details erfahren wir von unserem Studenten: so werden beim Dreh im Winter die blattlosen Bäume mit Blüten und Blättern von Hand präpariert, damit sie nach Frühling aussehen, wenn die Folge ausgestrahlt wird. Die Laternenmasten sind alle niedriger als üblich, dadurch wirkt die Straße länger. Für alle Fans der Kultserie eine Katastrophe: 2020 soll die »Lindenstraße« eingestellt werden. Am Ende der zweistündigen Besichtigung hatte Dieter allen Grund, unserem Studenten zu danken und das Handtuch als Erinnerung zu überreichen.

Mit Herrn Zaddach fuhren wir weiter, zunächst in die Innenstadt. Gegenüber dem Dom liegt hier das »Gaffel am Dom«, ein Brauhaus typisch rheinischer Prägung. Es gibt eine bürgerliche Speisekarte, deftiges Essen in einem behaglichen Ambiente. Lange Tische und kleine Ecken, Bänke, lange Theken bieten viele Möglichkeiten. Es war gerammelt voll. Gut dass wir reserviert hatten. Kaum saßen wir am Tisch, stand auch das erste Kölsch schon darauf. Das muss man hier nicht bestellen und auch der Nachschub kam unaufgefordert. Mit einem Griff stand das gefüllte Glas auf dem Deckel und gleichzeitig mit zwei anderen Fingern wurde das leere Glas abgeräumt. Das Essen wurde bestellt und kam auch zügig. Ein Großteil der Senioren hatte sich wohl für »Himmel un Ääd« (Himmel und Erde) entschieden, einem traditionellen Gericht aus gebratener Blutwurst mit Gaffel Kölsch-Sauce an Kartoffelpüree und Apfelkompott, dazu Röstzwiebeln. Wenn es beim Essen dann ruhiger wird, fällt aber umso mehr die Lautstärke in diesem Lokal auf. Meine Messung ergab einen Wert von 78 dB(A), das entspricht einer Hauptverkehrsstraße.

Nach dem Essen hatten wir dann leider nur eine halbe Stunde Zeit, um wenigstens einen kurzen Blick in den Dom zu werfen. Aber diese Momente reichten, sich von dem 144 m langen Hauptschiff beeindrucken zu lassen, an dessen Ende zentral im Chorraum der Dreikönigenschrein aufgestellt ist. Faszinierend vom Lichteinfall her sind zur Mittagszeit vor allem die Buntglasfenster der Südfassade, imposant die vor dem Dom augestellt Kopie der Turmspitze. Hier trafen sich alle Teilnehmer wieder, um nun eine Rundfahrt durch die Stadt mit dem Bus zu unternehmen.

Herr Zaddach führte uns an den markanten Gebäuden der Stadt vorbei: WDR-Funkhaus, den Gürzenich, am Reiterstandbild von Kaiser Friedrich-Wilhelm II zum Chlodwigplatz mit dem Severinsstor, einer mittelalterlichen Stadtbefestigung. Über die Severinsbrück fuhren wir dann auf die andere Rheinseite, oder wie der Kölner sagt: de schäl Sick. Vorbei an der Lanxess-Arena, dem Ausstellungsgelände der Koelnmesse rollten wir dann über die Zoobrücke wieder auf die linksrheinische Seite. Der markante Eingang zum Zoo, die gemütlichen Wohnviertel, die Rheinuferstraße und das Kölnische Stadtmuseum bildeten den Abschluss dieses beeindruckenden Tagesausfluges.

Ernst-Albert Ratajczak