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Ab in den Bunker

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Rolltor

»Ab in den Bunker!«

So könnte man unsere Fahrt am 19. Juni 2018 überschreiben. Aber hier ging es nicht um einen Bunker aus der Zeit des zweiten Weltkrieges, sondern um ein Bauwerk aus der Nachkriegszeit. Es war die Phase des »Kalten Krieges«. Neben der Berliner Mauer gehört dieser Bunker damit zu den wichtigsten baulichen Erinnerungsstücken der deutschen Geschichte.

Seine Geschichte reicht bis zum 1. Weltkrieg zurück, als man verschiedene Eisenbahntunnel als Entlastungslinie Ruhrgebiet - Mosel baute. Schon vor dem zweiten Weltkrieg wurden hier zunächst Champignons gezüchtet. Während des 3. Reiches mussten dann KZ-Häftlinge Abschusseinrichtungen für Raketen zusammenbauen. Teile der Anlagen wurden nach dem Krieg von der französischen Militärverwaltung gesprengt.

Mit der deutschen Wiederbewaffnung und dem Beitritt der Bundesrepublik zur NATO änderte sich die politische Lage und man begann mit der Planung für einen Ausweichsitz der Verfassungsorgane der Bundesrepublik nur 30 km vom Regierungssitz Bonn entfernt. In den Jahren 1960 bis 1972 wurde der Regierungsbunker ausgebaut. Planung und Bau gehörten zu den geheimsten Bauwerken in Deutschland. In 85 bis 112 m Tiefe unter den Weinbergen entstanden in 19 km Tunnellänge 83.000 m² Nutzfläche. In den fünf autarken Bunkerteilen gab es fünf Kommandozentralen, fünf Großküchen mit Speisesälen, einen Sitzungssaal, eine Druckerei, einen Friseursalon, 936 Schlafräume, 897 Büro- und Konferenzräume. Die Gesamtkosten betrugen umgerechnet ca. 2,41 Milliarden Euro. 1997 wurde beschlossen, den Bunker aufzugeben und im Jahre 2001 begann man mit dem Rückbau. Die leeren Betonröhren sind immer noch vorhanden. Der gemeinnützige Heimatverein »Alt-Ahrweiler« hatte sich aber bereit erklärt, die Trägerschaft für ein Museum zu übernehmen. So ist wenigsten auf einer Länge von 203 m der Bunker erhalten geblieben. Seit dem 3. März 2008 ist die »Dokumentationsstätte Regierungsbunker« für die Öffentlichkeit freigegeben.

Trotz der vielen Staumeldungen auf den Autobahnen gelang es Herrn Kuypers wieder, uns fast punktgenau nach Ahrweiler zu bringen. Die Fahrt diente dieses Mal aber auch der Vorbereitung, denn die Technik im Bus gab es her, dass ich einen WDR-Fernsehbericht über diesen Bunker zeigen konnte. In Ahrweiler ging es dann vom Busparkplatz zu Fuß direkt durch die idyllischen Weinberge zu einer unscheinbaren Betonmauer. Hier war einer der streng geheimen Eingänge zum Regierungsbunker.

Durch zwei je 25 t schwere Rolltore, gebaut von der Firma MAN betritt man die Bunkerröhre. Innerhalb von 10 Sekunden musste dieses Tor den Eingang verschließen und druckfest abdichten. Es sollte einer Hitzebelastung von 8.000 bis 10.000 °C für 5 Sekunden standhalten können.

Unter der Führung der beiden Herren Karl Dieterich und Werner Kathe wurden wir in die Einzelheiten der verschiedenen Räumlichkeiten eingeweiht. Es ist kaum zu erfassen, was hier alles vorhanden ist: Tanklager, eigene Stromversorgung, Atemschutzgeräte, Dekontaminationskammern, chemisches Labor, der Behandlungsstuhl einer Zahnarztpraxis, ein Krankenlager, Medikamentenschränke, Notverpflegungen, Fernschreibbüro, eine voll funktionsfähige Be- und Entlüftungsanlage, Fernsehstudio, Dienstfahrräder. Zur Notausstattung gehörten eine Kerze, Streichhölzer und ein Megaphon.

Der Bunker sollte im Krisenfall insgesamt 3.000 Personen für 30 Tage das Überleben sichern. Über den Tag 31 durfte man damals nicht nachdenken und war auch nicht in der Planung. Und das alles zur Zeit der Bedrohung durch atomare Raketen, als man der Bevölkerung vorschlug, im Falle eines Atomangriffes eine Aktentasche über den Kopf zu halten und einen Platz unter einem Tisch aufzusuchen.

Wie muss es gewirkt haben, als der sich damals im Amt befindliche Bundespräsident Köhler in Begleitung seiner Frau die Bunkeranlage besichtigte? Frau Köhler sah das eine Bett im Zimmer für den Bundespräsidenten und fragt dann, wo sie denn hätte schlafen können. Man gab ihr darauf zu verstehen, dass für die Frau des Bundespräsidenten im Notfall kein Platz vorgesehen war. Für eine Reihe unserer MTG-Senioren war es eine emotional starke und beeindruckende Besichtigung. Das lag nicht nur an der von Einigen so empfundene Enge des Bunkers, sondern die Geschichte des Bunkers lag ja auch in einer Zeit, welche wir alle politisch erlebt haben.

Der Weg zurück durch die Weinberge entspannte uns wieder etwas, erst recht durch ein stärkendes Mittagessen im »Hotel am Stern«, direkt neben der Hauptkirche St. Laurentius. Ein Rundgang durch das beschauliche Ahrweiler unter der fachkundigen Leitung von Frau Iris Söller-Münch und ihrer Kollegin schlossen diesen erlebnisreichen Ausflug ab.

Ernst-Albert Ratajczak


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