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Schloss Borbeck

|   Senioren

Besichtigung von Schloss Borbeck

am 9. Oktober 2018

Nicht in die weite Ferne ging es diesmal mit den MTG-Senioren, ja nicht einmal ein Bus wurde benötigt. Wir trafen uns mit 23 Teilnehmern direkt am Schloss Borbeck. Schloss Borbeck ? Viele kennen es von außen, von innen höchstens von einer Trauung her. Auf dem Vorplatz wurden wir von Frau Birthe Marfording begrüßt. Sie ist u.a. für Historie und Öffentlichkeitsarbeit am Schloss Borbeck zuständig. Zunächst bekamen wir einige Erläuterungen zum denkmalgeschützten Schlosspark, der mit 42 ha zu den ältesten gestalteten Parkanlagen im Rheinland gilt. Nach und nach wurde von den Fürstäbtissinnen der ehemalige Buchenwald in einen Waldpark umgewandelt, welcher je nach aktuellem Geschmack umgestaltet wurde. Dazu gehörten auch schmückende Elemente wie Pavillon, Bauernhäuschen und eine künstliche Ruine. Eine Kaskadenanlage führte auf geraden Wegen axial auf das Schloss zu. Das schmiedeeiserne Schlosstor aus dem 17. Jhd. gehörte ursprünglich zum Schloss Hugenpoet und wurde 1940 an diesem Standort eingebaut. Zurzeit ist es zur Restaurierung abgebaut. Bereits der Park symbolisierte die Macht und den Reichtum der Fürstäbtissinnen.

Anschließend wurden wir an die nordwestliche Ecke des seitlichen Wirtschaftsgebäudes geführt. Deutlich hebt sich hier ein quadratischer Bruchsteinturm vom sanierten Gebäude ab. Er stammt aus dem 14./15. Jhd. und zählt zu den ältesten erhaltenen Gebäudeteilen des Schlosses. Deutlich sind die Schießscharten noch zu erkennen. Im Keller befand sich früher ein Gefängnis.

Nun war es Zeit, uns dem barocken Wasser­schloss zuzuwenden, nicht ohne vorher auf der zum Hauptportal führenden Schlossbrücke unser Gruppenfoto zu schießen. Über dem Eingang befindet sich das Wappen der Fürstäbtissin Franziska Christine von Pfalz-Sulzbach, welches seitlich von zwei Löwen gehalten wird. Das gleiche Wappen befindet sich auch über einem Kamin in der Fürstin-Franziska-Christine Stiftung in Essen-Steele. Die über einem Kranz gekreuzten Schwert und Krummstab zeigen an, dass die Äbtissinnen sowohl weltliche als auch geistliche Herrscherinnen waren.

Das Schloss Borbeck bietet auf rund 200 m² eine Dauerausstellung und damit einen tiefen Einblick in die Historie des Schlosses, aber auch der über tausendjährigen Geschichte der Stadt Essen, denn von Frauen wurde lange Zeit die Geschicke des Fürstentums Essen bestimmt – und das zeitweise auch von Borbeck aus. Seit dem 13. Jhd. wurde der ehemalige Oberhof zu einer Residenz ausgebaut, bevor unter der Fürstäbtissin Franziska Christine von Pfalz-Sulzbach (1726-76) das Schloss sein heutiges Aussehen erhielt und um barocke Elemente erweitert wurde.

Frau Marfording führte uns tief in die Geschichte der Stadt Essen und das Leben der Fürstäbtissinnen ein. Interessant war vor allem der Umstand, dass die Fürstäbtissinnen geistliche Herrscherinnen waren, aber keinem Bischof unterstellt waren. Sie waren unmittelbar nur dem Papst untergeordnet. Andererseits waren sie auch nur dem Kaiser unterstellt und hatten bei dessen Wahl (als Reichsfürstinnen) ein Stimmrecht. Sie haben Münzen prägen lassen und verfügten über das Zoll- und Marktrecht. Die wirtschaftliche Macht zeigte sich daher in verschiedenen Formen, z.B. in der heutigen Münsterkirche mit dem mächtigen Westwerk, welcher ganz bewusst dem Aachener Kaiserdom ähnlich ist. In der Blütezeit waren ca. 60.000 Höfe dem Stift abgabenpflichtig. Daraus ergaben sich zahlreiche Schenkungen und großartige Kunstwerke. Die Essener Domschatzkammer ist gefüllt davon. Dazu gehören u.a. der siebenarmige Leuchter sowie die Goldenen Madonna im Essener Dom.

Aber auch in Bezug auf die Bildung für Mädchen im Stift setzten sich die Fürstäbtissinnen bereits früh ein. Daraus entstand gegen den Widerstand der Stadt Essen z.B. die heutige B.M.V.-Schule. Und auch die bis heute bestehende Fürstin-Franziska-Christine-Stiftung in Steele erinnert daran. Auch dort gab es zunächst großen Widerstand der Steeler Bürgerschaft. Denn es war zur damaligen Zeit ein Waisenhaus. Aber die Kinder dort erhielten eine gute Erziehung, wurden gebildet und erlernten einen Beruf. Damit waren sie begehrte Handwerker und Dienstmägde. Selbst die Förderung des Baus einer eisenverarbeitenden Hütte sah die letzte Fürstäbtissin Kunigunde als eine ihrer Aufgaben an, um den wirtschaftlichen Erfolg des Sitftes zu fördern. Der heute als Trauzimmer genutzte Raum lud zum Verweilen ein. Ein Blick in die kleine ökumenisch genutzte Kapelle des Schlosses und der abschließende Rückweg über die Empore des Residenzsaales beendeten unseren Rundgang.

Wenn man von Borbeck spricht dann ist der Weg zur »DampfE«, der Borbecker Dampf-Bierbrauerei nicht fern. Ein rustikales Essen und ein zünftiges Zwickelbier rundeten den Tag ab.

 

Ernst-Albert Ratajczak